Gourmet-Tempel ohne Fleisch

tassajara hamburg

Eppendorf. Das „Tassajara“ überzeugt seit 40 Jahren nicht nur Vegetarier

Es gibt ja Menschen, die wollen Fleisch. Immer. Doch so manchem dieser Veggie-Verächter hat ein Besuch im „Tassajara“ in Eppendorf zu einem kulinarischen Aha-Erlebnis verholfen. Hamburgs Genusstempel für fleischlose Küche feiert 40. Geburtstag. Zeit für einen Besuch.       

Karamjit Singh-Witzorek muss ein mutiger Mann sein: 1976 ein rein vegetarisches indisches Restaurant in Deutschland zu eröffnen, das war riskant. Gemüsefreunde galten als Wunderlinge mit Wollsocken. Es war die Zeit von Kasseler und Schweinebraten – und Singh Witzorek, dieser kulinarische Revoluzzer, eröffnete kühn den „Tassajara“-Vorläufer „Golden Temple“.

Heute locken Karamjit, seine Frau und sein Sohn mit edler euroasiatischer Küche. Zum 40. gibt’s ein Catering mit der „Hamburger Tafel“: „Wir mussten damals auf die Offenheit der Deutschen gegenüber unseren Traditionen zählen – heute wollen wir etwas von der Offenheit an die Menschen zurückgeben, denen weniger Toleranz
 im Alltag begegnet.“

Wir starten mit Rosenkohl in Senfsauce und gegrillten Austernpilzen auf Rucola-Salat mit Pinienkernen (11,90 Euro) und dem Antipasti-Teller (12,90). Beides exzellent. Besonders fein: die Senfsauce. Beim Blick auf die Bio-Weine erfährt der Gast, dass Wein nicht vegan sein muss. Trübstoffe werden mit Gelatine oder Hühnereiweiß herausgeklärt. Wir wählen einen veganen Weißburgunder (5,90 Euro, 0,2 l) vom Weingut Georg Siben Erben in der Pfalz. Frisch und knackig.

Weiter geht’s: Mangoldröllchen gefüllt mit Pfifferlingen und Schwarzem Trüffel auf Süßkartoffelpüree mit Honigseitan und Rote-Bete-Apfel-Salat (21,90). Der Mangold   übertüncht leider den Trüffelgeschmack. Das Püree, mit Meerrettich verfeinert, macht das wieder wett. Seitan, aus Weizeneiweiß (Gluten) hergestellt, gilt übrigens als bester Fleischersatz.
 Auch meine Begleitung ist begeistert: Kürbis in Mandelkruste auf Salbeisauce, dazu frischer Blattspinat, gebackene Kartoffeln und Salat (18,90 Euro). Der Kürbis sehr zurückhaltend gewürzt, aber ansonsten tadellos.

Eigentlich sind wir satt. Aber die Crêpes mit Apfel-Marzipan-Füllung, Ingwer-Eis und Carob-Sauce (Kakaoersatz) sind so verlockend (7,90). Wir werden nicht enttäuscht, auch wenn das Ingwer-Eis kaum nach Ingwer schmeckt.

Fazit: Auch nach 40 Jahren ist das „Tassajara“ eine der wenigen Top-Veggie-Adressen in der Stadt. Ein Geheimtipp ist es längst nicht mehr. Selbst an einem frühen Montagabend empfiehlt sich eine Reservierung in dem kleinen Restaurant.


Von FRANK WIEDING